Sonntag, 25. August 2013

Aufgeflogen

Endlich Urlaub! Und die ultimative Entspannung findet sich bei mir in Fernreisen - am feinen Sandstrand mit glasklarem Meer, Cocktails, gutem Essen und viel Sonne.

Doch leider - da sich mein Kindheitswunsch nicht erfüllt hat und wir uns heute immer noch nicht innerhalb kürzester Zeit an einen beliebten Ort beamen können - muss man vorher die Tortur der langen Anreise in Kauf nehmen. Je nach Fluggesellschaft und Budget kann man entspannt und glücklich am Reiseziel ankommen... oder völlig entnervt mit zerknirschtem Gesicht, hochgezogener Lippe und gefletschten Zähnen. Glücklicherweise war es dieses Jahr Letzteres und somit habe ich genug Stoff, diesen Blogbeitrag zu schreiben.

Einchecken.
2 Tage vor dem Flug überzieht ein Lächeln meine Lippen. Habe ich doch die Möglichkeit, mich direkt online einzuchecken und muss nicht, wie alle anderen Leute, 2 Stunden vor Abflug in der Warteschlange vor dem Schalter stehen und hoffen, dass ich noch zeitig einchecken kann.
Ich zücke mein internetfähiges Mobilgerät und tippe freudig die Website der Fluggesellschaft - nennen wir sie mal C. - ein. Dort erfahre ich, dass ich erst 24 Stunden vorher online einchecken kann. Kostet 20 €. Kostenlos wird es erst, wenn ich 12 Stunden vor Abflug einchecke. Ich bin kein Pfennigfuchser, aber ich kann warten! Ich sehe es auch nicht ein, für eine teure Fernreise noch einen Aufpreis von min. 500 € für ein Upgrade zu bezahlen, denn andere Fluggesellschaften haben in der Vergangenheit gezeigt, dass komfortables Reisen in der Holzklasse möglich ist.

12 Stunden vor Abflug werfe ich erneut einen Blick auf die Homepage, grinsend und in der Gewissheit, dass kaum jemand so blöd ist, die zusätzlichen Kosten auf sich zu nehmen und ich damit die freie Platzwahl habe.

Ich ergattere den letzen Fensterplatz, alle weiteren sind komplett ausgebucht, offensichtlich verdient C. hier eine Menge Geld mit der Vorreservierung der Sitzplätze.

Nun kann nichts mehr schief gehen. Ich steige in die Bahn (lobend sei hier das Zug-zum-Flug-Ticket erwähnt) und fahre pünktlich gen Flughafen. Die Bahn enttäuscht mich nicht, ich erreiche 2 1/2 Stunden vor Abflug den Flughafen, suche mein Terminal mit den Schaltern der Fluggesellschaft C. Ich laufe an einer 1-km-langen Warteschlange voll ungeduldiger Reisender vorbei, werfe von weitem einen Blick auf die Schalter und stelle fest, ich bin am Ziel. Ein süffisantes Lächeln legt sich auf meine Lippen. Ich habe ja bereits eingecheckt und muss nun nur noch mein Gepäck aufgeben. Ich überhole die komplette Warteschlange. Komme vorn an den Schaltern an. "Gepäckaufgabe" steht auf dem Schild zu meiner linken, 2 Leute stehen am Schalter. Mein Grinsen wird breiter. Dann schaue ich hinter die 2 Leute. Das Ende der Schlange zur Gepäckaufgabe ist nicht sichtbar. Mein Grinsen verschwindet, die Mundwinkel kippen automatisch nach unten. Mürrisch begebe ich mich 600 m zurück - zum Ende der Wartenschlange. Kann ja nicht lange dauern, die haben ja schon alle eingecheckt. Als eine Mutter vor mir ihren Kindern sagt "das ist das letzte Butterbrot, was ich bei habe", werde ich stutzig.
1 Stunde später bin ich auf 300 m an den Schalter herangerückt. Hinter mir eine Familie mit einer nörgelnden älteren Dame "Warum haben wir dann überhaupt einen Online-Check-In gemacht?", vor mir die quengelnden Kinder. Meine Urlaubsstimmung neigt sich dem Ende.
Eine weitere halbe Stunde später habe ich es fast geschafft, noch 4 Leute stehen vor mir. Dann ruft eine Mitarbeiterin der Fluggesellschaft mein Reiseziel aus, mit der Bitte, sofort mitzukommen, damit wir den Flieger nicht verpassen. Knapp 100 Leute verlassen ihren Plätze in den Warteschlangen und strömen auf die verdutzte Dame zu.
Ich stehe hinten in der neuen Schlange. Vor 100 Leuten, die noch einchecken müssen. Und so warte ich. 30 Minuten später stehe ich endlich mit gefletschten Zähnen vor einem Schalter vor einem überraschten Mitarbeiter der Fluggesellschaft C. "Sie müssen ja nur ihr Gepäck aufgeben?! Warum stehen Sie denn nicht an dem Schalter "Gepäckaufgabe" an, da wären Sie ja viel schneller dran gekommen!" Gedanklich springe ich über den Schalter und flitsche ihm mit meinen Pass auf die Nase. Stattdessen deute ich aber nur auf seine Kollegin, er zuckt die Schultern und gibt mir zu verstehen, ich müsse mich beeilen. Das Boarding hat bereits begonnen.

Ich gehe Zeitschriften shoppen. Denn bekanntermaßen werden - so wie immer - die Sitzreihen zuerst geboardet, in denen ich nicht sitze. So auch dieses Mal. Nach erfolgreichem Zeitschriften-Shopping ist die Wartehalle bereits halb leer gefegt und gerade als ich eintreffe und boarden will, bekomme ich zu hören: "Sie nicht! Sie sind noch gar nicht aufgerufen."  Ich trolle mich zurück. Protesthalber steige ich als letzter ein.

Ich sitze. Endlich. Oder leider. Eigentlich ist es mehr ein Hocken. Bei einem 10 1/2 Stunden Flug hatte ich mir eine Maschine gewünscht, die wenigstens so etwas wie Beinfreiheit anbietet. Auch in der sogenannten Holzklasse.

Nachdem ich meine Beine unter dem Sitz des Vordermanns verstaut habe - mit dem erfolglosen Versuchen, dass meine Knie nicht am Vordersitz entlang scheuern - rollen wir endlich los.

Ich freue mich auf einen Rotwein - zur Beruhigung. Eine Durchsage erklärt mir, dass alkoholische Getränke nicht im Preis einbegriffen sind (außer 1 Willkommenscocktail). Wein kostet 5 €. Ich weine leise vor mich hin.

Die Anschnallzeichen erlischen. Endlich - zurücklehnen und den Flug genießen, soweit es denn geht. Ich drücke das Knöpfchen, um meinen Sitz die möglichen 3,5 cm nach hinten zu neigen. Nichts passiert. Ich drücke, ich ziehe, ich schiebe und klingel nach 30 erfolglosen Versuchen nach der Stewardess. Ein verknautschtes zusammengekniffenes Gesicht ohne den Anflug eines Lächeln taucht vor mir auf. Ich beschwere mich ob des kaputten Sitzes. Die verständnislose Antwort schmettert mir entgegen "Sie sitzen ja auch vor dem Notausgang, da gehen die Sitze nicht zurück!" Während ich noch fassungslos stammel, dass ich das so nicht gebucht habe, schwindet sie bereits zurück. Wieder weine ich leise vor mich hin. Kein Wein, kein Zurücklehnen und bereits nach 1 Stunde wunde Knie.

Nach 2 Stunden gibt es immerhin etwas zu Essen. Während andere Fluggesellschaften Service bieten und 2 Menüs zur Auswahl haben, bekommt man hier immerhin etwas zu essen. Nicht zu definieren, was es ist (und ja, das ist leider bei fast allen Fluggesellschaften der Fall) und von Auswahl gar nicht zu reden. Da ich aber, wie oben geschrieben, nicht in der 2., sondern in der dritten Klasse sitze, bekommt erst die Premium Komfort-Class das Essen serviert (ich glaube sogar, bei der Stewardess ein winziges Lächeln erkannt zu haben). Ich versuche, mein Klappbrettchen aus dem Sitz des Vordermanns auszuklappen. Ich bin nicht dick! Aber es drückt ein wenig gegen den Bauch.
Während des Essens werde ich knapp 4x ohnmächtig aufgrund des Luftmangels. Wenigstens schmecke ich den Fraß auf diese Weise kaum.
Nach dem Essen sind alle Fluggäste glücklich, drücken ihre Sitze die möglichen 3,5 cm nach hinten und schlafen. Frustriert hocke ich in meinem Sitz. Der Versuch, das Nackenkissen zu benutzen, scheitert. Sobald es um meinen Hals liegt, kippt der Kopf nach vorne. Durch den zurückgeklappten Sitz meines Vordermanns sind meine Knie mittlerweile eingeschlafen... oder mangels Blutzuflusses abgestorben. Wenigstens hat C. ein breit gefächertes Angebot von teilweise älteren Filmen, die auf winzigen Bildschirmen gezeigt werden. Um mir diese anzuschauen, muss ich meinen Kopf im 70 Grad-Winkel nach links drehen und um ca. 20 Grad schräg neigen, damit ich das Bild erkennen kann. Tatsächlich fallen mir langsam die Augen zu, als sich plötzlich von der rechten Seite meiner Armlehne ein Fuß von hinten anschleicht. Ich rücke meinen Kopf nach rechts unten und schaue entsetzt auf den wackelnden Fuß. Mit zuckendem Auge drehe ich mich um, die Dame, die es sich dort gemütlich gemacht hat, hat eine Beinfreiheit, für die ich sie beneide (eben wegen jenes Notausstiegs) und hat dann noch die Frechheit, meinen winzigen Freiraum zu beschlagnahmen. Ich drücke den Fuß zurück und stopfe mein Nackenkissen in die Lücke. Ist es wenigstens doch zu etwas zu gebrauchen während des Fluges.

4 Stunden später trocknen nach und nach meine Augen und Nase aus, ich altere in kürzester Zeit um 10 Jahre. Jetzt ein heißes feuchtes Tüchlein, zum Erfrischen und Befeuchten des Gesichts.
Und tatsächlich: die Stewardessen sind gerade unterwegs mit heißen Tüchern... für die 2. Klasse. Ich bekomme kein Tuch und trockne vor mich hin. Stündlich kommen die Damen, die mit zu den grimmigsten Gestalten aller Fluggesellschaften, die ich bisher erlebt habe, mit einem Fingerhut voll Wasser vorbei, welches bereits beim Berühren meiner Zunge durch die Trockenheit verpufft.

Zwischendurch beobachte ich auf den Bildschirmen - sofern mein verrenkter Nacken die Neigung noch schafft - das kleine animierte Flugzeug, um zu schauen, wann ich mich endlich bewegen kann.

Nach 10 1/2 Stunden erreichen wir endlich den Zielflughafen. Die Fluggäste erheben sich und verlassen nach und nach das Flugzeug. Ich bleibe noch sitzen.
Vielleicht bekomme ich irgendwann wieder ein Gefühl in den Beinen. Und wahrscheinlich genau dann muss ich den Rückflug wieder antreten.

Danke liebe C. für so ein beeindruckendes Urlaubserlebnis!

Sonntag, 12. Mai 2013

Elster

Einmal im Jahr ist der Tag X gekommen. Der Tag, vor dem sich jeder Steuerzahler fürchtet. 

Die Steuererklärung steht an und wäre sie ein kleines, gut verständliches Formular, in welches ein paar Kreuzchen und Zahlen eingetragen werden müssten, hätte sicherlich niemand mit dem inneren Schweinehund zu kämpfen. Fakt ist aber, dass bei der Bearbeitung der vielseits unbeliebten Erklärung ein gewisser Vorrat an alkoholischen Getränken, Zigaretten und Beruhigungstabletten erforderlich ist, um nicht komplett durchzudrehen. 

Mit notwendigen Utensilien ausgestattet, sitze ich in einem Wust von Ordnern und Papieren vor meinem PC, seufze ein letztes Mal und stürze mich in den Alptraum der Bürokratie. Elster.de: eine Seite, deren Name allein treffender nicht sein kann. Denn ich sehe hier nicht die Abkürzung der ELektronischen STeuerERklärung, sondern den Unheil bringenden, diebischen Vogel, der dreisterweise als Symbol auf der Site verwendet wird. Warum kein Spatz? Ein Pfau? Oder ein Kolibri? Eine Amsel: Achtung! Mühselige Steuererklärung - Elektronisch und langwierig! 
Ein Schluck Wein - und noch einer, damit ich mich nicht eine halbe Stunde allein über Namen ärgere und weiter geht es mit meinem Unheil. Seite 1 ist vergleichsweise einfach. Tatsächlich habe ich meinen Namen, Adresse und Alter, zuständiges Finanzamt und Steuernummer in 10 Minuten ausgefüllt und befeiere die vollendete erste Seite. Bleiben noch 5. Nach und nach tippe ich Zahlen über Zahlen ein; Daten, die ich den Rest den Jahres ignoriere, um nicht in Lethargie zu verfallen. Unsummen an Abzügen und Steuern. Lieber noch ein Glas Wein. Nun kommen irgendwelche Abfragen, die ich letztes Jahr nach der dritten Flasche Wein eingetragen habe. Ich kann nicht mehr nachvollziehen, was wo eingetragen werden muss - muss da ein Kreuzchen hin? Muss ich das überhaupt ausfüllen? Ich brauche mehr Wein, vielleicht hilft das meiner Erinnerung auf die Sprünge. Ich tippe und fülle aus, klicke hier und da, unzählige Formulare fliegen vor meinen Augen dahin. 

Ich möchte das nicht ausfüllen! Ich möchte mich mit dem Thema auch nicht auseinandersetzen! Abgesehen davon, dass die Steuern ein fürchterlich staubtrockenes Thema sind (darauf einen Wein zum Befeuchten), blicke ich auch bei den verkomplizierten Hilfetexten nicht mehr durch, es ist unfassbar viel zu lesen - kann man das nicht in Comic-Form gestalten? Oder eine Option "Steuererklärung für Dummies" hinzufügen? Mit Bildern, Pfeilen und vereinfachter Sprache - für den schon angetrunkenen Steuererklärer? 

Elster! Ich sitze in meinem eigenen Unheil: immer wieder poppt eine Fehlermeldung über eine Eintragung auf, die letztes Jahr noch Sinn ergeben hat. Ich trage nach und nach die Zahlen 1 - 10.000 ein - nicht, weil es Sinn ergibt, sondern weil ich völlig ratlos bin. Der Hilfetext verschwimmt langsam ohnehin vor meinen Augen. Ich überspringe die Fehlermeldung, wühle mich durch weitere Ordner und Zettel, mein Wohnzimmer gleicht einem Schlachtfeld aus Steuererklärungsunterlagen. Ich sollte noch ein Glas Wein trinken. Angesäuselt veranstalte ich gegen die nächste Fehlermeldung ein Wettklicken, Erscheinen - Überspringen - Überspringen nicht möglich - Erscheinen - Überspringen - Überspringen nicht möglich... Nach einer halben Stunde verlässt mich mein Humor, ich versuche, den verschwommenen Hilfetext zu entziffern und zu verstehen. Ganz unten steht endlich etwas, was mir helfen könnte und kurz bevor ich wutschaumverschmiert den PC durch´s Zimmer pfeffer, gibt die Fehlermeldung meine Steuererklärung frei. Ich springe durch´s Zimmer, als hätte ich einem Drachen den Kopf abgeschlagen. Besiegt! Miststück! Und suuur Feiiiierrr ein Stüpschen Wein! 

Ich erreiche das letzte Formular - schnell speichern und den letzten Klick setzen. Plausibilitätsprüfung. 5 Fehlermeldungen. Mutlos klicke ich mich nach und nach durch die Fehler, die für mich - so verschwommen sie auch mittlerweile sind - absolut nicht plausibel erscheinen. Muss alles so stimmen! Ignorieren! Steuerberechnung. 5000 € Nachzahlung. Ohnmächtig breche ich zusammen. 

Nach einer Stunde erwache ich mit Ordnerabdrücken auf der Stirn und halbwegs ausgenüchtert. Also noch einmal. Ich klicke mich durch alle Möglichkeiten und siehe da - es fehlte ein Klick und eine Zahl. Das Ergebnis ist nicht mehr ganz so schweißtreibend, aber die Elster hat ihrem Namen wieder alle Ehre gemacht. Jetzt nur noch drucken und absenden. Fehlermeldungen, wo man hinschaut, kein Druck möglich und eine .exe hat ein Problem. 

Verzweifelt trinke ich meine letzte Flasche Wein! Verfluchte Elster! 

Montag, 8. April 2013

Zeiten ändern sich

Halbjährlich - genau genommen im Frühjahr und im Herbst - ärgere ich mich über ein bestimmtes Thema: die Zeitumstellung.
Ich habe eine ziemliche gut funktionierende innere Uhr, deren zartes Uhrwerk vom Hammer des Thor zerstört wird, sobald die Zeitumstellung greift.

Und so liege ich kurz nach der Zeitumstellung mit meinem zerschlagenen Rhythmus im Bett und sinniere über die Sinnlosigkeit des Übeltäters.

Die ursprüngliche Begründung, mit der Zeitumstellung haufenweise Energie einzusparen, ist immer noch umstritten wenn nicht sogar schon widerlegt. Wenn wir doch also feststellen, dass es nicht wirklich von Nutzen ist, warum wird es nicht abgestellt? Ist das wieder ein "das-war-die-letzten-Jahre-so,-jetzt-müssen-wir-es-auch-nicht-mehr-ändern"-Fall?

Und wieder ist es soweit, Frühlingszeit, eine Zeit, des Aufwachens, des Blühens, des natürlichen Erwachens. Zumindest bis zur Zeitumstellung. Von hier an gilt die Zeit des Aufblühens für circa zwei Wochen nur den Pflanzen.

Während selbst die Kühe zwei Wochen über die Zeitumstellung hinwegkommen müssen, sitzen müde mürbe muffelige Menschen montags morgens im frühen Termin - im besten Fall. Die Hälfte der Meetingteilnehmer liegt noch schlafend im Bett, nicht wissend, dass ihre innere Uhr aufs Kreuz gelegt wurde und sie den Wecker - trotz neumodischer Funkuhrfunktion - nicht hören.
Die andere Hälfte der Meetingteilnehmer tauscht 15 Minuten die Schlaflosigkeitserfahrungen, die durch die Zeitumstellung verursacht wurden, aus, wenn ihnen ob der Müdigkeit das Sprechen überhaupt schon gelingt. Ein paar sabbern im Halbschlaf in ihren Kaffee - dem vierten - und bei weitem nicht letzten. Der Versuch, dem noch schlafenden Biorhythmus mittels einer hochgradigen Koffeinzufuhr, auf die Beine zu helfen, funktioniert nur bedingt. Den ganzen Tag schleift man seinen völlig irrierten Körper durch den Tag, bis man endlich nach Hause schleichen kann.

Doch sobald die Zeit des Zubettgehens erreicht ist, wacht der Körper auf wundersame Weise (koffeingeschubst) auf, der Geist rattert und was bleibt ist eine weitere hellwache Nacht mit der Verteufelung der Zeitumstellung und dem Plan, die Welt zu retten, in dem man heroisch die Initiatioren der Zeitumstellung an die Spitze des Big Ben kettet.

Und während sich langsam die innere Uhr dem neuen Rhythmus beugt und man sich langsam an die neue Zeit zu gewöhnen beginnt, färben sich die Blätter in ein romantisch rot-gelbes Meer. Es wird Herbst.

Zeit... für eine Umstellung.

Wieder ein Montagmorgenmeeting. Der Raum ist leer. Das Meeting fand bereits statt. Keiner der Teilnehmer konnte ab 5 Uhr mehr schlafen, ruhelos wuselt jeder in der Gegend herum - bis um etwa 15 Uhr der tote Punkt eintritt. Eine Stunde mehr schlafen ist ja auch einfacher.

Und trotzdem, der Körper stellt sich auf unsere Schlaf- und Wachzeiten, Essens- und auch Medikamentenzeiten ein, und immer, wenn er gerade glücklich an der inneren Uhr so gedreht hat, dass sie wieder mit uns in Einklang ist, heißt es wieder:

Und nicht vergessen: Am Wochenende werden die Uhren umgestellt!

Freitag, 15. Februar 2013

Gesundheit!

Winter. Die Jahreszeit, in der die Erkältungs- und Grippeviren Fiesta in unseren Körpern feiern.

Eine deftige Erkältung ist so ziemlich das einzig zuverlässige im Winter, ob es nun schneit oder nur regnet, irgendwo lauern die Viren schon auf das nächste Opfer. Außerdem haben die Viren überall fleißige Helfer, die sie tatkräftig in ihrer Verbreitung unterstützen.

Und die Helfer sind .. wir. Denn wir lernen einfach nicht, unseren Hintern im Bett zu lassen und uns in Ruhe auszukurieren. Wir können nicht liegen bleiben, denn wir müssen die Welt retten. Alleine 1 Tag Abwesenheit im Büro könnte die ganze Firma zerstören, eigentlich gleich die ganze Branche und nichts und niemand könnte das verhindern.

Und so sitzt neben mir ein komplett verrotztes Virenmutterschiff, eingehüllt in einen Berg vollgeschnäutzter Taschentücher, mit triefender Nase, keuchendem Husten und nassgeschwitzer Stirn, glasigem Blick und der Aussage "Ich kann jetzt nicht krank sein, wer soll das denn alles übernehmen?" Ich erkläre vorsichtig, dass ich davon ausgehe, dass die Viren keine Rücksicht auf die Situation meines verschnupften Virentransportes nehmen werden. Meine Vorschläge, zum Arzt zu gehen oder einfach nur 2 Tage Bettruhe einzuhalten, werden mit einem dezenten Fingerzeig auf den Kamillentee abgewimmelt.

Mein Innerstes schreit nach einer Sagrotandusche, ich versuche die Luft anzuhalten oder in eine andere Richtung zu atmen. Das Wissen, bereits unzähliges Viren meines Nebenmannes eingeatmet zu haben, macht die Situation nicht besser, ich schaue nervös auf die Uhr, mein Drang, frische, virenfreie Luft einzuatmen, wird unerträglich. Jedwedes Husten und Niesen zwingt mich zu weiteren Minuten des Luftanhaltens. Kurz bevor ich ohnmächtig von meinem Stuhl falle, starte ich einen neuen Versuch mit der zaghaften Aussage, mein Urlaub würde in vier Tagen beginnen, es wäre sicher nicht schön, wenn ich dort krank werden würde. Die Antwort, da müsse ich aufpassen, es gehe gerade eine starke Erkältungswelle um und man könnte sich schnell anstecken, treibt mich fast in den Wahnsinn. Ich bleibe ruhig und verhalten und grummel irgendwas von "höchster Ansteckungsgefahr" und "Biohazard" in mich hinein.

Arbeitgeberfreundlich, wie ich bin, sitze ich 5 Tage später während meines Urlaubs in einem Wust von Taschentüchern, mit verstopfter Nase, Halsweh und Hustenattacken. Und schmiede Rachepläne. Dazu habe ich Zeit, denn mein Urlaub dauert nur 5 Tage und ich kann mich darauf verlassen, am ersten Arbeitstag wieder fit und gesund zu sein. Natürlich werden dann Bemerkungen wie "Oh nein, im Urlaub krank, das ist aber nicht schön!" oder "Ach, du bist ja arbeitgeberfreundlich" oder "Na so schlimm kann es ja nicht gewesen sein, du siehst ja äußerst fit aus" fallen. Und im schlimmsten Fall kommt der mittlerweile wieder gesundete Austräger der Erkältung um die Ecke mit dem Satz "Ich hab es ja gesagt, die Erkältungswelle geht grad überall rum!" Ich wandele meine innere Wut zu einem süffisanten Lächeln; wart´s ab... meine Zeit wird kommen!

Es ist dabei völlig egal, ob man zur Arbeit geht, in ein Geschäft oder in ein Restaurant. Denn überall findet man sie wieder, die unverbesserlichen Virenträger, ohne die die Welt unterginge, wenn sie nicht zu ihrer geplanten Zeit am geplanten Ort wären. Sie sitzen mit ihren geröteten Augen und Nasen um mich herum, entschuldigen sich kurz beim Niesen, wenn sie dezent die Hand vor den Mund halten. Vor meinem geistigen Auge sehe ich tausende hocherfreute, motivierte Virentierchen, die in alle Richtungen geschleudert werden. Zum Abschied noch ein kurzer feuchter Händedruck und sie haben ihren Job als Wirt getan.

Und dann, kurz bevor für alle die große Urlaubszeit beginnt, fahre ich abends mit der U-Bahn und dann, wenn niemand hinsieht, lecke ich kurz (mit angewidertem Blick) an der Haltestange. Möge mein Racheplan aufgehen und die Viren ihres tun.

Ich bleibe gesund. Mein Umfeld auch.
Eine Woche bevor mein Urlaub startet, sitze ich in einem Restaurant und bekomme mein Schnitzel serviert. Der Kellner schaut mich hilflos aus verquollenen Augen an, seine angeschwollene rote Nase tropft ....

Freitag, 1. Februar 2013

Stancer´s "Gut verpackt"

Wie oft steht man vor einer Verpackung. Mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf. Nach längerem Gefummel und Gefriemel gleicht die Verpackung einem Reißwolfopfer. Das Objekt der Begierde ist - irgendwie - ausgepackt, im besten Fall unbeschadet. Im schlimmsten Fall gleicht es der Verpackung und man kann beides entsorgen.
Letztlich beginnt das Theater bei Saft- und Milchverpackungen. "***Pack- irgendwie clever". Gut, dass besagte Firma die Affenwerbung eingestellt hat, denn letztlich fühle ich mich allein bei einer Milchverpackung überfordert, dieselbige zu öffnen. Und so drücke und ziehe ich, bis die Verpackung verbeult ist und der Inhalt durch einen plötzlichen Ruck (welchen, vermag ich nicht zu sagen) sich über meine Schoß und den Boden ergießt. Das hat stundenlanges Gefluche zur Folge - welches, sind wir ehrlich - mit einer milchbekleckerten Jeans nicht wirklich seriös wirkt.

Umso mehr freut es mich, dass es Mitleidende und -fluchende gibt. So wie mein Lieblingsblogger Stancer.

Ich freue mich, seinen Text veröffentlichen zu dürfen und denke, jeder findet sich in diesem Blogpost ein Stück weit wieder.

Viel Vergnügen!

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"Gut verpackt

Oft ist es die Verpackung, welche einer Ware den besonderen Wert verleiht. Ein hochwertiger Kugelschreiber etwa wäre nichts weiter als ein Kugelschreiber, käme er nicht in einer monströsen, mit Samt ausgeschlagenen Holzschatulle daher. Ein Fertiggericht, Roulade, Kartoffelpüree und Rotkohl sorgsam in drei Kammern getrennt, mutet an wie von einem Dreisternekoch gezaubert, betrachtet man die Abbildung auf der Schachtel, vorausgesetzt, man übersieht das Wörtchen „Serviervorschlag“ ganz unten, ganz klein. Bei manchen Produkten ist gar die Verpackung das eigentlich wertvolle, denken Sie nur an stilles Mineralwasser.

Was für Waren gilt, lässt sich mühelos auf Menschen übertragen: Vielen Zeitgenossen möchte man nur ungern unbekleidet begegnen, auch verdankt unsere Bundeskanzlerin einen Großteil ihrer Autorität ihren Hosenanzügen, und welchem Konzernlenker oder Bankvorstand vertraute man blind ohne dunklen Anzug und gedeckte Krawatte?

Und schließlich: die schlechte Nachricht verliert deutlich an Schrecken, so sie sorgsam in weiche Wortwatte gehüllt verkündet wird. Für die Bevölkerung besteht keine unmittelbare Gefahr, dennoch wird dringend geraten, Fenster und Türen geschlossen zu halten und kein Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten zu essen, rein vorsorglich, versteht sich.

Doch hat Verpackung ihre Tücken.

Damals, als Musik noch von einer CD kam und nicht von iTunes oder aus den Weiten des Netzes, die älteren unter Ihnen werden sich vielleicht dunkel erinnern, stand dem Musikgenuss nach dem Kauf zunächst ein längerer Kampf mit der umschweißten Plastikfolie bevor. Mit bloßen Händen, hilfsweise Zähnen, ohne ein scharfes Werkzeug war da gar nichts zu machen. Und selbst wenn man ein spitzes Messer zur Hand hatte, war der Hörgenuss noch weit entfernt, weil jegliche Ansatzstelle in der Folie fehlte und man sich mit dem abrutschenden Messer eher den Handrücken aufriss als die Umhüllung. Besonders findige Verpackungshersteller woben einen kleinen roten Faden in die Folie ein, mit dessen Hilfe man sie zerteilen sollte. Leider befand sich der Anfang dieses Reißfadens ebenfalls unerreichbar unter der Folie, gute gemeint ist bekanntlich das Gegenteil von gut.

Beispiel Gummibärchen. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, um die kleinen süßen Racker aus ihrer Tüte zu befreien: entweder man zieht die Tüte oben an der Verschweißung auseinander, oder man folgt der Anweisung „Hier Aufreißen“ und zerrt an der dafür vorgesehenen Kerbe oben in der Ecke. Versucht man es mit Alternative 1, passiert dank der Fortschritte moderner Schweißtechnik gar nichts, auch Alternative 2 läuft zunächst ins Leere. Reißt man noch kräftiger an der Kerbe, gibt die Materie endlich nach, die Tüte teilt sich mit einem Ruck der Länge nach, die bunten Freunde kann man anschließend vom Teppich aufsammeln. Diesbezügliche Beschwerden bei Herrn Gottschalk blieben leider bisher unbeantwortet.

Ein besonders heikles Kapitel ist die Verpackung von Kondomen: Soeben hat man sich angenähert, sei es in heimischer Sitzgruppe oder im öffentlichen Personennahverkehr Kölner Darkrooms, alles steht bereit, fehlt nur noch das schützende Mäntellein. Leider befindet sich dieses, sorgsam aufgerollt, in einer nahezu unzerstörbaren quadratischen Kunststoffumhüllung. So sehr man auch zieht, zerrt und an den Ecken beißt, das blöde Ding gibt nicht nach. Und wer geht schon mit Taschenmesser zum Liebesspiel, ist ja auch nicht gerade der Erotik förderlich, lässt man einmal besondere Spielarten außer acht. Hat man dann doch endlich, nach vielen Versuchen und Diskussionen („Lass mich mal...“) die eine richtige von acht möglichen Ecken erwischt und gelangt endlich an das Ersehnte, so hat sich der Rest unten herum zumeist längst erledigt. Das Prinzip Safersex funktioniert.

Manchmal glaube ich, die machen das extra, haben einen Riesenspaß daran, wie ihre tollen, unzerstörbaren Verpackungen uns das Leben schwer machen, vielleicht sogar mit einem rauh gehöhnten „Vorfreude ist die schönste Freude“ auf den Lippen, während ihr neu kreiertes Packprodukt jeder Materialprüfung mühelos standhält. Ich wünsche wirklich niemandem etwas schlechtes, aber ihr, ihr Verpackungsdesigner, sollt ewig in der Hölle schmoren und dort gezwungen werden, von morgens bis abends nichts anderes zu tun als eure eigenen Scheißverpackungen zu öffnen!"

Sonntag, 20. Januar 2013

Warten Sie doch kurz!

Seit Anbeginn der Uhrzeit teilt sich die Menschheit in zwei Gruppen: die notorischen Zuspätkommer und die Pünktlichen.

Ich selber gehöre zur zweiten Gattung und schätze Pünktlichkeit sehr. Woraus wiederum resultiert, dass sich - sofern ich mich mit einem Zuspätkommer verabrede - grundsätzlich meine Wartezeit auf das Maximum verlängert. Und während man wartet - im Regen, bei brütender Hitze oder mit wippendem Fuß und angespannter Nervosität - durchläuft man bekanntlich mehrere Phasen seines Gemütszustandes:

Nach ca. 5 Minuten tritt eine gewisse Unsicherheit auf, die Zeit oder Ort in Frage stellen. Waren wir wirklich HIER verabredet? War es tatsächlich 20 Uhr?
Nach weiteren 5 Minuten kommt eine leichte Besorgnis hinzu: Es wird doch wohl nichts passiert sein?
Nach insgesamt 15 Minuten und - im Winter - eingefrorenen Gliedmaßen steigert sich dann langsam die Wut. Im schlimmsten Fall hat der Zuspätkommer sein Handy wieder einmal ausgeschaltet und ich stehe wie bestellt und nicht abgeholt in der Gegend rum. Umspielt - und nicht förderlich für den Blutdruck - wird das Ganze von Menschenmassen, die mich mit bemitleidendem Blick anschauen: "Och, schau mal, ganz allein hier!"

Und es wird leer, und es wird ruhig. Ich warte. Ich danke den Smartphone-Erfindern, dank derer man wenigstens halbwegs beschäftigt aussehen kann, wenn man mit prüfendem Blick und wischendem Finger auf seinem Handy herumdaddelt. Währenddessen ärgere ich mich und tippe irgendein unnützes Zeug in mein Smartphone, in der Hoffnung, meine Wut so etwas zu drosseln.

Nach sensationellen vierzig Minuten erscheint ein grinsendes Gesicht in meinem Blickfeld. "Auf der Autobahn war Stau und ich habe keinen Parkplatz gefunden und eigentlich bin ich auch erst vor 5 Minuten losgefahren, es war alles so stressig heute."
Ich lächele, es ist nichts besorgniserregendes passiert und irgendwie muss ich mit dem irren Grinsen meine Wut unterdrücken, dass der Film bereits vor 15 Minuten begonnen hat und die Ausreden auch schon einmal besser waren.

Findigerweise merke ich mir vor, die Uhrzeit des nächsten Treffens mindestens eine halbe Stunde vorzuverlegen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht mit einer Verspätung von sensationellen 3 Stunden gerechnet und so stehe ich abholbereit um Punkt 11 Uhr an dem verabredeten Ort, während besagte Person nicht einmal aus den Federn gestiegen ist, wie sich im Nachhinein herausstellte. Wieder konnte ich analysieren, wie viele Gefühlsphasen man bei derart immensen Verspätungen durchlaufen kann. Es endet übrigens innerhalb der letzten Stunde in tiefster Wut und missglücktem Telefonterror - und einem Konzert, was - nach Erzählungen - der absolute Wahnsinn gewesen sein muss.

Gipfeln kann so etwas eigentlich nur, wenn man zu seiner eigenen Hochzeit und der voranstehenden kirchlichen Trauung eine halbe Stunde zu spät kommt. Und so haben wir alle gewartet und durchliefen wieder einmal sämtliche Phasen der Ungeduld und Wut.

Vermutlich würde es ein Zuspätkommer auch nicht pünktlich zu seiner eigenen Beerdigung schaffen - er hatte einen wichtigen Anruf und musste noch einiges klären...

Ein kollektives Zuspätkommen findet man übrigens zu einer Party. Die possierlichen Partygäste möchten nie  die Ersten sein, schließlich sieht es nachher so aus, als hätte man nichts zu tun und würde den ganzen Tag auf die Party warten.
Also sitze ich um Punkt 20 Uhr mit Partyhütchen und Tröte auf der Couch - wartend .. und allein. Um 20:30 Uhr ist die dritte Flasche Bier leer, ich bin angetrunken, lutsche an dem 10. Käsehäppchen und habe eine gewisse Bettschwere.
20:45 Uhr: es klingelt. Ich schwanke zur Tür und empfange die Gäste. "Sind wir die ersten?" Als ich die Frage bejahe, sieht man in den Augen der frisch eingetroffenen Freunde ein kleines Stückchen Hoffnung zerbrechen. Um 00:00 Uhr trifft dann auch der letzte Gast ein, der Luft holt für seine Ausrede. "Lass es einfach... du bist da, das ist gut. Bier und Käsehäppchen sind aus."

Der moderne Mensch neigt ja zu einer gewissen Terminüberladung. Da schafft man nach Feierabend um 16:00 Uhr noch einen Arzttermin, Sport und das Treffen um 18:00 Uhr. Nur hat man a) den Stau nicht einberechnet, der überraschend - wie jeden Donnerstag - auftritt, und b) nicht daran denken können, dass sich beim Arzt eine Wartezeit von 45 Minuten ergibt oder c) die Bahn AUSNAHMSWEISE Verspätung hat.
Und so sitzt man wutentbrannt im öffentlichen Verkehrsmittel oder im Auto - je nach Belieben und Planung  - mit geröteten Augen und ein wenig Schaum vor dem Mund.. und wartet. Und flucht leise in sich hinein, tippt wütend auf dem Handy herum.

Und dann denkt man auf einmal daran, mit WEM man sich trifft. Und man begreift, dass die Verspätung dieses Mal den anderen trifft. Die eigene Wartezeit um ein vielfaches verkürzt wird. Süffisantes Lächeln und Erleichterung machen sich breit. Wird er gleich gucken, der Zuspätkommer, wenn ich dieses Mal später komme....

Es ist Sonntag, 20 Uhr. Ich stehe allein im Kino und warte.....

Freitag, 4. Januar 2013

Mensch vs. Roboter

Wie viele träumen nicht davon, dass ein kleiner Roboter den kompletten Haushalt erledigt, kocht, Kaffee bringt und die Wäsche bügelt. Und je mehr die Menschen dem Alltagsstress erliegen, desto mehr neumodischer Schnick-Schnack wird herangeschafft, um sich sämtliche Arbeiten zu erleichtern.

Ich hatte ebenfalls seit jeher eine Affinität für technische Spielereien, die bestenfalls noch den Alltag erleichtern. Schon als Kind schaute ich mit großen Augen begeistert den Vorspann der "Jetsons", in dem "George", der Familienvater, nicht einmal selbstständig aufstehen musste, sondern ein Roboter ihn aus dem Bett hievte, unter die Dusche schob, die Zähne putzte und einen Kaffee reichte. Für jeden Morgenmuffel ein kleiner Traum ... und vor allem die große Hoffnung, dass in ferner Zukunft ein solcher Automatismus in jedem Haushalt zu finden sei.

Leider muss ich mich noch alleine aus dem Bett treten und so hangel ich mich an jedem noch so kleinen Fortschritt weiter und teste aus, was möglich ist und was nicht. Angefangen hat es mit dem ersten bezahlbaren (!) Roboterstaubsauger vor 8 Jahren. Zumindest hat mich das kleine Kerlchen für 3 Stunden gefesselt, danach verschwand er unter einem Schrank und kam erst ein paar Jahre später beim Umzug wieder zum Vorschein. Was mich auf die Idee brachte, dass sich in der Entwicklung etwas getan haben müsste. Hat es auch. Der Fortschritt kostet bis zu 1.000 € mehr, kann sprechen, fährt wenigstens nicht mehr willkürlich im Kreis herum und schont auch freilaufende Hamster. Hat aber den 10fachen Preis meines ersten Pkw.

Ich beschließe, ein deutlich günstigeres Gerät gegen Umtausch zu erwerben, unglücklicherweise war mir entfallen, dass wir in der deutschen Servicesahara gefangen sind, ein Umtausch bei "Hygiene-Artikeln" sei nicht möglich. Nach kurzer Diskussion beschließen wir dann, dass meine Hygiene nicht so viel wert ist wie die des Geschäftes und ich erhalte für zwei Tage das benutzte Vorführmodell. Immerhin konnte ich erreichen, dass alte Staubflusen und Kaugummireste aus dem Behälter entleert werden.

Zuhause packe ich erwartungsvoll das kleine Kerlchen aus, schalte ihn ein und erhalte ein freudiges Piepsen zur Begrüßung. Wie nett. Für den Preis hätte ein Konfettiregen auch nicht geschadet. Hätte man auch gleich besser sehen können, was er alles wegsaugen kann. Ich beobachte über eine Stunde gespannt, wie er anmutig gegen meine Möbel fährt, den Teppich elegant umrundet und den Standaschenbecher umschubst. Ich laufe aufgeregt mit dem Kehrblech hinterher. Nach einer weiteren halben Stunde fährt er in seine Ladestation, er möchte gereinigt werden. Also fange ich an, den Staubfänger auszukehren, den Filter zu reinigen, die Borsten zu säubern. Es piepst, ich habe die Reinigungsbürste vergessen. Nach 2 Stunden sitze ich geschafft neben den Robotersauger. Der Boden ist sauber, ich nicht.

Ehrlich gesagt, das verlangte Geld ist in meinen Augen noch zu viel für ein solch possierliches Spielzeug und doch finden sich etliche Käufer für diese und auch die teureren Geräte.

Bleibt zu hoffen, dass die Technik sich weiter entwickelt und ich vielleicht doch irgendwann ein Stück Automatismus der "Jetsons" erleben darf.

Und morgen nach dem Umtausch des Roboterstaubsaugers werde ich dann den elektrischen Scheibenputzautomat ausprobieren....