Jeder Mensch hat seine Macken - und genau diese machen jeden für sich individuell und meistens auch interessant. Ich mag die Macken anderer Leute.. manchmal.
Rund um meinen Körper hat sich eine Wohlfühlzone mit einem etwa 1,5 m Radius gebildet. Das ist zugegebenermaßen etwas mehr als bei anderen Menschen, für mich aber notwendig, denn ich möchte mich ja - man kann es erahnen - wohlfühlen. Alles, was in diesen Radius einfällt, wird als Eindringling betrachtet, die Füße reagieren schnell und bringen den Körper wieder in den komfortablen 1,5 m - Abstand. Für den Fall, dass Platz ist. Und genau hier stoße ich an mein Problem.
Es gibt wenig Aufzüge, in denen Platz zum Ausweichen ist. Die von mir so geliebten Paternoster gibt es leider kaum noch, aus denen war ein spontanes Heraushüpfen wenigstens weitestgehend möglich. Mittlerweile beobachte ich, wie viele Menschen vor einem Aufzug stehen, entscheide mich ab und zu doch für das Treppenhaus. Unglücklicherweise kann man nicht alles vorhersehen und so stehe ich mit meiner Wohlfühlzone in einem verlassenen Aufzug und genieße die Fahrt, bis er stoppt, die Tür aufgeht und ein Meer von Menschen in den Aufzug geschwemmt wird. Mit zarter Stimme versuche ich, auf die 9-Personen-Beschränkung hinzuweisen und die Flucht zu ergreifen, doch meine kläglichen Versuche verhallen im Stimmgewirr der Menschenmenge. Während meine Komfortzone sich in die linke, obere Ecke des Aufzugs verzieht, warte ich mit geschlossenen Augen und angehaltenem Atem, bis der Fahrstuhl nach gefühlten Stunden in der gewünschten Etage anhält und ich mich aus dem winzigen Käfig befreien kann.
Bei Unterhaltungen achte ich stets darauf, einen gesunden Abstand zu meinem Gesprächspartner zu halten, um eine angenehme und gepflegte Kommunikation führen zu können. Doch es gibt sie immer wieder, die subtilen Kuschler, die in kurzen Abständen - jedes Wort ein kleiner Schritt - näher rücken. Sie suchen die Nähe, möglichst, um ihr Gegenüber noch anzustupsen oder Gesten noch imposanter vorführen zu können. Weicht man nicht aus, sieht man sich ein paar Minuten später Schulter an Schulter, Nase an Nase zu seinem Gesprächsteilnehmer. Mit einer gesunden Komfortzone passiert aber etwas anderes: man weicht automatisch zurück. Und so entsteht ein Wandergespräch. Je nach Dauer dieser Kommunikation findet man sich plötzlich an einem völlig anderen Ort vor. Den Kuschler beeindruckt das allerdings wenig - ohne Unterlass versucht er, in die Wohlfühlzone seines Gegenübers einzudringen, sucht die Nähe, um zu stupsen und zu drücken. Warum man sein Gegenüber überhaupt während einer Konversation anstoßen muss, hat sich mir bis heute übrigens nicht erschlossen. Ein Schulterklopfer oder ein gezielter Stoß gegen den Oberarm untermalen das Gespräch mit einem negativen Beigeschmack vor allem, wenn es in völliger Euphorie unter Einbuße der Kontrolle des Schlages geschieht. Das schmerzverzerrte Gesicht des Gegenübers scheint dem Kuschler in seinem Vorhaben keinen Abbruch zu tun. Ich bin gnadenlos, bevor ich gestupst werde, wander ich weiter, mit dem Hintergedanken, ob es ihm wirklich nicht auffällt. Hier hat sich bewährt, am besten Richtung Tür zu wandern, man kann diese belanglos im Gespräch öffnen und den Kuschler hinauslaufen lassen. Tür zu. Gespräch beendet. Ohne Hämatome an den Oberarmen.
Dann gibt es noch die Busserl-Begrüßer. Ob privat oder geschäftlich, ich möchte entscheiden, wem ich die Hand gebe oder wen ich busserl. Und gebusserlt wird - man ahnt es bereits - bei mir äußerst selten. Doch kommt man leider manchmal nicht umhin, da das Gegenüber - was man schlimmstenfalls nicht einmal kennt - die ausgestreckte Hand ergreift, einen heranzieht und fröhlich darauflosbusserlt, ob man möchte oder nicht, spielt hier keine Rolle. Kurz darauf folgt eine kurze Verwirrung - 2 oder 3 Busserl auf die Wangen, meistens steht einer noch mit kussmundgeformten Lippen und halb geschlossenen Augen da, während der andere (das bin ich) bereits mit großen Schritten in die sichere Komfortzone zurückläuft. Das ist unhöflich, aber es verwirrt mich ebenso wie mein Gegenüber und es überrascht mich immer wieder, dass meine eindeutige Körpersprache mit einem zurückgelehnten Oberkörper und einer weit nach vorn ausgestreckten Hand missinterpretiert wird und ich offensichtlich so aussehe, als müsste ich unbedingt herzhaft gebusserlt werden.
Schutzlos ausgeliefert ist meine Komfortzone in der Sauna. Was ein Widerspruch in sich ist, denn ich möchte mich wohlfühlen und zwar während des ganzen Aufenthaltes dort. Doch wenn man die Aufgusszeiten nicht vorher auswendig gelernt hat, entstehen Situationen wie zuvor im Aufzug beschrieben. Die Tür geht auf und eine Horde wellness- und aufgussbegeisterter Saunierer stürmen die Sauna. Sie laufen über mein Handtuch - und ganz ehrlich: FÜßE haben schon gar nichts in meiner Komfortzone zu suchen! Ich habe selber 2 gesunde Füße, das reicht für meine Zone, mehr müssen da nicht rein. Und schon überhaupt nicht auf mein Handtuch! Die Sauna wird geflutet, die Menschen quetschen sich nebeneinander und dann das Desaster: verschwitzte Arme drücken von links und rechts an meine. Mit einem angeekelt-empörten Blick versuche ich meinen Mitsaunierern klar zu machen, dass ich das unter gar keinen Umständen möchte! Sie akzeptieren.... und fangen an, sich mit ihrem Schweiß einzureiben! Erstarrt sitze ich ohne Komfortzone dort, nicht fähig zu fliehen, die Tür ist bereits geschlossen, der Aufguss beginnt, ich bin gefangen. Nach 10 Minuten verlasse ich blass und angespannt die Sauna und schwöre, nie wieder an einem Aufguss teilzunehmen.
Sofern ich denn später alt und grau bin und einen Gehstock benötige, sollte meine Wohlfühlzone geschützt sein, denn jeder Eindringling wird sofort mit dem Stöckchen gepiekst und in seine richtige Position geschubst. Und wehe, er versucht mich anzustoßen...
Donnerstag, 27. September 2012
Freitag, 21. September 2012
Morgenmuffel
"Guten Morgeeeeeeeeen!!!!!!!!"
"....."
Außer einem kehligen Raunen darf man von mir keine Antwort erwarten. Und je fröhlicher der morgendliche Gruß ausfällt, desto wütender und muffeliger werde ich. Und desto schlechter wird der Morgen des vermeintlich freundlich Grüßenden. Ich hasse gute Laune am frühen Morgen, ebenso wie die Menschen mit den Kreissägen, die man tatsächlich deutschlandweit überall antrifft. Man kann hinziehen, wo man will, irgendwo wohnt er, der Mann mit der Kreissäge und er zögert nicht, diese in aller Herrgottsfrühe samstags morgens zu benutzen. Und wenn es keine Kreissäge ist, ist es ein Rasenmäher. Und es muss natürlich samstags morgens sein, um den Leuten, die einen gesunden Schlaf haben und sich nach einer anstrengenden Arbeitswoche auf einen Tag des Ausschlafens freuen, zu zeigen, wie arbeitsfreudig man morgens um 8 Uhr schon sein kann. Und wie lange man mit einer Kreissäge durcharbeiten kann. Irgendwann werde ich ihn finden... Es gibt nur ein Problem: wenn ich aufwache, bin ich keiner Sprache mächtig und nur bedingt bewegungsfähig.
Ich wache nicht auf, ich evolutioniere morgens. Angefangen von einem tierischen Knurren, das eindeutig an den hinterhältigen Wecker gerichtet ist, schaffe ich es nach etwa 5 Minuten, meinen Arm soweit zu bewegen, dass meine Hand in Höhe des Weckers gelenkt wird. Dann werden die Muskeln entspannt, die Hand landet mehr oder weniger gezielt auf der "Snooze"-Taste und ich schlafe weiter. Für 5 Minuten. Das Spiel wiederholt sich etwa viermal, dann ist der linke Arm wach. Mühsam lasse ich mich aus dem Bett fallen, die Beine funktionieren - meistens. Der Rücken ist die aufrechte Position noch nicht gewöhnt und so schleifen die Handrücken mehr oder weniger über den Boden - wie ein Neandertaler übe ich mich am aufrechten Gang. Glücklicherweise funktioniert mein Orientierungssinn, der mich ordnungsgemäß ins Badezimmer leitet. Dies funktioniert allerdings nur in der eigenen Wohnung, schlafe ich woanders, stellt sich mir das ein oder andere Mal heimtückisch eine Wand in den Weg - die ich nicht sehe, denn die Augenlider sind noch schwer und geschlossen. Glücklicherweise, denn so bleibt mir der Blick in den Spiegel erspart, der mich vermutlich unwillkürlich zurückschrecken ließe. Nach der Dusche kann ich aufrecht gehen, bin der Sprache allerdings noch nicht mächtig. Hier ist es wichtig, etwaigen Besuch vorzuwarnen. Wir bekommen keine Probleme, sofern er auch ein Morgenmuffel ist, es wird kurz und freundlich geknurrt und jeder schleppt sich weiter seines Weges. Sollte allerdings ein fröhlicher Frühaufsteher da sein, könnte sein Morgengruß durch ein Fauchen erwidert werden und dies gilt es durch eben jene Warnung zu vermeiden. Auf zur Kaffeemaschine. Mein Orientierungssinn bringt volle Leistung, der linke Arm ist bereits zur Höchstform aufgelaufen. Nachdem der Kaffee die Kehle runterrinnt, kann ich langsam mit Sprachübungen starten. Es ist kein richtiges "Guten Morgen", mehr ein "mrgnnnnn"... Vokale sind zu umständlich für die frühe Uhrzeit.
Äußerst unglücklich ist es, wenn es in der Familie einen Frühaufsteher und zwei Morgenneandertaler gibt. Meine Mutter ist ein fideler Frühaufsteher und wenn ich damals zur Schule musste, hatte man das Gefühl, die 2000 Worte, die sie in einer Stunde des Wachseins nicht aussprechen konnte, weil niemand freiwillig so früh aufsteht, mussten raus, wenn ich aufwache. Die Worte verhallten zwischen den drei Weckern und meinem Knurren. Fragen, die mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden konnten, waren zumindest irgendwie zu handhaben mit einem kurzen "grm" für "ja" und "grmgrmmmm" für "nein". Bis sie mich aus den Federn geschmissen hatte, war sie meist mit den Nerven am Ende, aber irgendwie hatte sie sich noch ein Stück guter Laune aufgehoben für den zweiten Morgenmuffel... meinen Vater. Während ich bereits bewegungsfähig aus dem Bad lief, wurde er freundlich geweckt, gefolgt von 20 Fragen und kurzen Einschüben, was heute morgen schon alles passiert sei. Auch dieses Mal wurde es nur mit einem kurzen Knurren gewürdigt. Ich glaube, einmal hat er es geschafft, "nachher" herauszubringen.
Es ist immer diese kleine Differenz zwischen den Frühaufstehern und den Morgenmuffeln, nur diese eine Stunde am Morgen, die dem glücklichen Tag entgegensteht.
Liebe Frühaufsteher, habt Mitleid mit uns. Wir quälen uns jeden Morgen und wir fänden es auch schöner, gut gelaunt aufstehen zu können. Es geht aber leider nicht - warum auch immer. Egal, wann ich ins Bett gehe, ich werde morgens nicht fit sein - und schon gar nicht freundlich!
Und erst wenn ich im Auto sitze, das Radio einschalte und losfahre, fühle ich mich als Mensch, bis der erste VOLLIDIOT WIE DER LETZTE NEANDERTALER DURCH DIE GEGEND FÄHRT!!!!!!
"....."
Außer einem kehligen Raunen darf man von mir keine Antwort erwarten. Und je fröhlicher der morgendliche Gruß ausfällt, desto wütender und muffeliger werde ich. Und desto schlechter wird der Morgen des vermeintlich freundlich Grüßenden. Ich hasse gute Laune am frühen Morgen, ebenso wie die Menschen mit den Kreissägen, die man tatsächlich deutschlandweit überall antrifft. Man kann hinziehen, wo man will, irgendwo wohnt er, der Mann mit der Kreissäge und er zögert nicht, diese in aller Herrgottsfrühe samstags morgens zu benutzen. Und wenn es keine Kreissäge ist, ist es ein Rasenmäher. Und es muss natürlich samstags morgens sein, um den Leuten, die einen gesunden Schlaf haben und sich nach einer anstrengenden Arbeitswoche auf einen Tag des Ausschlafens freuen, zu zeigen, wie arbeitsfreudig man morgens um 8 Uhr schon sein kann. Und wie lange man mit einer Kreissäge durcharbeiten kann. Irgendwann werde ich ihn finden... Es gibt nur ein Problem: wenn ich aufwache, bin ich keiner Sprache mächtig und nur bedingt bewegungsfähig.
Ich wache nicht auf, ich evolutioniere morgens. Angefangen von einem tierischen Knurren, das eindeutig an den hinterhältigen Wecker gerichtet ist, schaffe ich es nach etwa 5 Minuten, meinen Arm soweit zu bewegen, dass meine Hand in Höhe des Weckers gelenkt wird. Dann werden die Muskeln entspannt, die Hand landet mehr oder weniger gezielt auf der "Snooze"-Taste und ich schlafe weiter. Für 5 Minuten. Das Spiel wiederholt sich etwa viermal, dann ist der linke Arm wach. Mühsam lasse ich mich aus dem Bett fallen, die Beine funktionieren - meistens. Der Rücken ist die aufrechte Position noch nicht gewöhnt und so schleifen die Handrücken mehr oder weniger über den Boden - wie ein Neandertaler übe ich mich am aufrechten Gang. Glücklicherweise funktioniert mein Orientierungssinn, der mich ordnungsgemäß ins Badezimmer leitet. Dies funktioniert allerdings nur in der eigenen Wohnung, schlafe ich woanders, stellt sich mir das ein oder andere Mal heimtückisch eine Wand in den Weg - die ich nicht sehe, denn die Augenlider sind noch schwer und geschlossen. Glücklicherweise, denn so bleibt mir der Blick in den Spiegel erspart, der mich vermutlich unwillkürlich zurückschrecken ließe. Nach der Dusche kann ich aufrecht gehen, bin der Sprache allerdings noch nicht mächtig. Hier ist es wichtig, etwaigen Besuch vorzuwarnen. Wir bekommen keine Probleme, sofern er auch ein Morgenmuffel ist, es wird kurz und freundlich geknurrt und jeder schleppt sich weiter seines Weges. Sollte allerdings ein fröhlicher Frühaufsteher da sein, könnte sein Morgengruß durch ein Fauchen erwidert werden und dies gilt es durch eben jene Warnung zu vermeiden. Auf zur Kaffeemaschine. Mein Orientierungssinn bringt volle Leistung, der linke Arm ist bereits zur Höchstform aufgelaufen. Nachdem der Kaffee die Kehle runterrinnt, kann ich langsam mit Sprachübungen starten. Es ist kein richtiges "Guten Morgen", mehr ein "mrgnnnnn"... Vokale sind zu umständlich für die frühe Uhrzeit.
Äußerst unglücklich ist es, wenn es in der Familie einen Frühaufsteher und zwei Morgenneandertaler gibt. Meine Mutter ist ein fideler Frühaufsteher und wenn ich damals zur Schule musste, hatte man das Gefühl, die 2000 Worte, die sie in einer Stunde des Wachseins nicht aussprechen konnte, weil niemand freiwillig so früh aufsteht, mussten raus, wenn ich aufwache. Die Worte verhallten zwischen den drei Weckern und meinem Knurren. Fragen, die mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden konnten, waren zumindest irgendwie zu handhaben mit einem kurzen "grm" für "ja" und "grmgrmmmm" für "nein". Bis sie mich aus den Federn geschmissen hatte, war sie meist mit den Nerven am Ende, aber irgendwie hatte sie sich noch ein Stück guter Laune aufgehoben für den zweiten Morgenmuffel... meinen Vater. Während ich bereits bewegungsfähig aus dem Bad lief, wurde er freundlich geweckt, gefolgt von 20 Fragen und kurzen Einschüben, was heute morgen schon alles passiert sei. Auch dieses Mal wurde es nur mit einem kurzen Knurren gewürdigt. Ich glaube, einmal hat er es geschafft, "nachher" herauszubringen.
Es ist immer diese kleine Differenz zwischen den Frühaufstehern und den Morgenmuffeln, nur diese eine Stunde am Morgen, die dem glücklichen Tag entgegensteht.
Liebe Frühaufsteher, habt Mitleid mit uns. Wir quälen uns jeden Morgen und wir fänden es auch schöner, gut gelaunt aufstehen zu können. Es geht aber leider nicht - warum auch immer. Egal, wann ich ins Bett gehe, ich werde morgens nicht fit sein - und schon gar nicht freundlich!
Und erst wenn ich im Auto sitze, das Radio einschalte und losfahre, fühle ich mich als Mensch, bis der erste VOLLIDIOT WIE DER LETZTE NEANDERTALER DURCH DIE GEGEND FÄHRT!!!!!!
Samstag, 15. September 2012
Geisterstunde
Man kann ihn nicht sehen und doch existiert sein Mythos. Niemand konnte sein Dasein je beweisen, doch viele haben von Leuten gehört, die seinen Schatten gesehen haben, seine Anwesenheit spüren konnten. Niemand kennt seinen richtigen Namen, kann sein Aussehen konkret beschreiben. Wenn es ihn gibt, tarnt er sich - wandelt nur in den dunklen Ecken jener Gänge, beinahe lautlos und geheimnisvoll. Ja, er, dessen Name nicht genannt werden kann, ist eine besondere, mysteriöse Spezies. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, der Sage nachzugehen und jenes Rätsel zu lösen und Licht hinter den dichten Nebelvorhang zu bringen. Gibt es ihn wirklich - den Baumarktmitarbeiter?
Ich gehöre zu der großen Gruppe der "Ich-möchte-auf-gar-keinen-Fall-in-einen-Baumarkt,-muss-aber,-weil-ich-sonst-nicht-renovieren/umziehen-kann"-Leute. Und sind wir mal ehrlich, wer kommt bei einem Umzug schon mit einem einzigen Besuch in diesem ungeliebten Laden weg? Beim letzten Umzug habe ich mehrfache Checklisten geführt, um dem Baumarkt so wenig Besuche wie möglich abzustatten. Soweit ich mitgezählt habe, waren doch 6 Fahrten und gefühlte 1000 Stunden nötig, um alles, was man benötigt, zusammenzukramen.
Vor meinem ersten Baumarktbesuch wurde ich bereits vorgewarnt, mich kundig zu machen, was genau ich bräuchte, denn auf Hilfe könne ich hier nicht zählen. Und obwohl mir bewusst war, dass wir in der deutschen Servicewüste leben und nicht auf jeden Verkäufer zählen können, war ich auf DAS nicht vorbereitet. Während ich nach und nach in der unendlichen Weite des Malerbedarfs Kreppband und Pinselchen suchte, wanderten meine Augen von links nach rechts, ob ich nicht doch einen Blick auf einen Mitarbeiter des Baumarktes erhaschen könnte. Ich wusste, dass ich zum unangenehmen Teil schreiten musste, indem ich eine Bohr- sowie eine Schleifmaschine aussuchen musste (keine Sorge, ich habe beides nicht selber benutzt) und würde eine kleine Beratungshilfe benötigen. So begann meine Suche. Zwei Stunden lang lief ich durch die verlassenen Gänge, vorbei an Glühlampen, durch die Sanitärabteilung vorbei am Zuschnitt... und dort, wo eben in der Ferne noch eine Kreissäge erklungen ist, lag nur noch der feine Geruch des Holzes in der Luft. Absolute Stille. Bei den Farben erschrak ich kurz, als mir plötzlich ein Pärchen entgegenkam, die ebenfalls einen Mitarbeiter suchten. Verzweifelte Blicke. Und so musste ich zugeben, dass ich bei meinem ersten Besuch dort keinen Mitarbeiter zu Gesicht bekam. Auch beim 2. und 3. Mal nicht. Beim 4. Mal, sah ich noch das Bein und einen Schuh, welches verzweifelt versuchte, sich durch eine Tür durchzuzwängen, um bloß nicht... zu spät. Ich hatte vorher ein kleines Sprinttraining absolviert und konnte ihn so einholen. Ich sah weiterhin nur das Bein und auf meine Frage, wo die 40 Watt-Glühbirnen versteckt wären, drang aus dem Dunklen eine tiefe Stimme "Gucken Sie mal da, ich hab jetzt Pause". Ja, es mag anstrengend sein, den ganzen Tag auf der Flucht zu sein. Nach Möglichkeit jedem Kunden ausweichen zu müssen und wie ein Ninja durch den Laden zu schleichen, ist sicherlich ermattend.
Dann hatte ich den Plan, mindestens eine Begleitperson mit in den Baumarkt zu schleifen, um dann auszuschwirren. Auf ein Zeichen (z. B. ein Husten oder Pfeifen) sollte der andere demjenigen zu Hilfe eilen und der Mythos Baumarktmitarbeiter umzingelt werden. Und tatsächlich, ich hörte ein Husten, und eilte schnell in jene Richtung; er war umzingelt. Es kam ein schwaches Lächeln von dem Herrn, der nervös seine Brille zurecht rückte, da war klar: wir hatten den Falschen! Einen roten Pulli anzuziehen ist im Baumarkt offensichtlich kein Vorteil.
Doch dann kam er, mein Triumph und es ist mir tatsächlich gelungen, einen echten Baumarktmitarbeiter in seiner vollen Lebensgröße zu "fangen". Drei Leute und vier Stunden Tarnung waren dafür notwendig. Der Herr ergab sich seinem Schicksal, guckte unglücklich drein, doch letztlich gab er kompetente, qualifizierte Auskünfte. Es gibt ihn also den Mythos.
Und ich frage mich immer: "Warum?" Unqualifiziert sind sie nicht, unfreundlich auch nicht. Warum gibt es ihn nur in Baumärkten, den scheuen Mitarbeiter?
Und vor etwa einem Jahr habe ich das erste Exemplar getroffen, welches lächelnd mit sicherem Schritt auf mich zuging und fragte "Kann ich Ihnen helfen?" Erschrocken und zu tiefst geschockt taumelte ich zurück und rannte aus dem Baumarkt.
Ich habe diesen gruseligen Ort bis heute nicht mehr betreten. Möglicherweise keine schlechte Taktik von ihm!
Ich gehöre zu der großen Gruppe der "Ich-möchte-auf-gar-keinen-Fall-in-einen-Baumarkt,-muss-aber,-weil-ich-sonst-nicht-renovieren/umziehen-kann"-Leute. Und sind wir mal ehrlich, wer kommt bei einem Umzug schon mit einem einzigen Besuch in diesem ungeliebten Laden weg? Beim letzten Umzug habe ich mehrfache Checklisten geführt, um dem Baumarkt so wenig Besuche wie möglich abzustatten. Soweit ich mitgezählt habe, waren doch 6 Fahrten und gefühlte 1000 Stunden nötig, um alles, was man benötigt, zusammenzukramen.
Vor meinem ersten Baumarktbesuch wurde ich bereits vorgewarnt, mich kundig zu machen, was genau ich bräuchte, denn auf Hilfe könne ich hier nicht zählen. Und obwohl mir bewusst war, dass wir in der deutschen Servicewüste leben und nicht auf jeden Verkäufer zählen können, war ich auf DAS nicht vorbereitet. Während ich nach und nach in der unendlichen Weite des Malerbedarfs Kreppband und Pinselchen suchte, wanderten meine Augen von links nach rechts, ob ich nicht doch einen Blick auf einen Mitarbeiter des Baumarktes erhaschen könnte. Ich wusste, dass ich zum unangenehmen Teil schreiten musste, indem ich eine Bohr- sowie eine Schleifmaschine aussuchen musste (keine Sorge, ich habe beides nicht selber benutzt) und würde eine kleine Beratungshilfe benötigen. So begann meine Suche. Zwei Stunden lang lief ich durch die verlassenen Gänge, vorbei an Glühlampen, durch die Sanitärabteilung vorbei am Zuschnitt... und dort, wo eben in der Ferne noch eine Kreissäge erklungen ist, lag nur noch der feine Geruch des Holzes in der Luft. Absolute Stille. Bei den Farben erschrak ich kurz, als mir plötzlich ein Pärchen entgegenkam, die ebenfalls einen Mitarbeiter suchten. Verzweifelte Blicke. Und so musste ich zugeben, dass ich bei meinem ersten Besuch dort keinen Mitarbeiter zu Gesicht bekam. Auch beim 2. und 3. Mal nicht. Beim 4. Mal, sah ich noch das Bein und einen Schuh, welches verzweifelt versuchte, sich durch eine Tür durchzuzwängen, um bloß nicht... zu spät. Ich hatte vorher ein kleines Sprinttraining absolviert und konnte ihn so einholen. Ich sah weiterhin nur das Bein und auf meine Frage, wo die 40 Watt-Glühbirnen versteckt wären, drang aus dem Dunklen eine tiefe Stimme "Gucken Sie mal da, ich hab jetzt Pause". Ja, es mag anstrengend sein, den ganzen Tag auf der Flucht zu sein. Nach Möglichkeit jedem Kunden ausweichen zu müssen und wie ein Ninja durch den Laden zu schleichen, ist sicherlich ermattend.
Dann hatte ich den Plan, mindestens eine Begleitperson mit in den Baumarkt zu schleifen, um dann auszuschwirren. Auf ein Zeichen (z. B. ein Husten oder Pfeifen) sollte der andere demjenigen zu Hilfe eilen und der Mythos Baumarktmitarbeiter umzingelt werden. Und tatsächlich, ich hörte ein Husten, und eilte schnell in jene Richtung; er war umzingelt. Es kam ein schwaches Lächeln von dem Herrn, der nervös seine Brille zurecht rückte, da war klar: wir hatten den Falschen! Einen roten Pulli anzuziehen ist im Baumarkt offensichtlich kein Vorteil.
Doch dann kam er, mein Triumph und es ist mir tatsächlich gelungen, einen echten Baumarktmitarbeiter in seiner vollen Lebensgröße zu "fangen". Drei Leute und vier Stunden Tarnung waren dafür notwendig. Der Herr ergab sich seinem Schicksal, guckte unglücklich drein, doch letztlich gab er kompetente, qualifizierte Auskünfte. Es gibt ihn also den Mythos.
Und ich frage mich immer: "Warum?" Unqualifiziert sind sie nicht, unfreundlich auch nicht. Warum gibt es ihn nur in Baumärkten, den scheuen Mitarbeiter?
Und vor etwa einem Jahr habe ich das erste Exemplar getroffen, welches lächelnd mit sicherem Schritt auf mich zuging und fragte "Kann ich Ihnen helfen?" Erschrocken und zu tiefst geschockt taumelte ich zurück und rannte aus dem Baumarkt.
Ich habe diesen gruseligen Ort bis heute nicht mehr betreten. Möglicherweise keine schlechte Taktik von ihm!
Mittwoch, 5. September 2012
Stancer´s "Loblied auf die Tüchtigen"
Ich freue mich sehr, dass ich noch einmal die Gelegenheit habe, einen Post von Stancer übernehmen und hier mit seiner Genehmigung veröffentlichen zu dürfen.
Der brillante Blogpost passt nicht nur wunderbar zur derzeitigen Urlaubszeit, sondern ist auch ein gekonnter Angriff auf die Lachmuskeln, obwohl die Ursache dieses Themas einen Aufreger wert ist.
Viel Freude beim Lesen, genießt es!
Die Tage stand in der Zeitung, Umfragen zufolge würden neunundvierzig Prozent der erwerbstätigen Deutschen auch im Urlaub bis zu drei Stunden täglich arbeiten, mit dem Laptop auf Langeoog, dem Tablet auf Teneriffa, dem Smartphone auf den Seychellen oder dem Blackberry am Ballermann; dank moderner Technik muss auch in den entlegensten Winkeln der Welt niemand auf sein Büro verzichten, nur mal eben kurz schauen, wer so schreibt, nur mal eben kurz antworten.
Das ist erschreckend. Umgekehrt bedeutet das doch, einundfünfzig Prozent werden zwei bis drei Wochen lang keinen Gedanken an die Arbeit aufbringen, stattdessen untätig am Strand oder Pool liegen, durch die Gegend wandern oder gar noch nutzloser die wertvolle Zeit vergeuden, und das in der heutigen wirtschaftlich angespannten Zeit: Europa taumelt, der Euro kämpft ums Überleben, und gut die Hälfte der Deutschen macht im Urlaub einfach nur Urlaub; wo soll das hinführen?
Die Folgen diese Erholungs-Egoismus‘ sind gar nicht absehbar, schauen wir nur auf das Gesundheitswesen: Wie die Krankenkassen vermelden, ist in den letzten Jahren die Anzahl der Fälle psychischer Erkrankungen wie Burn Out dramatisch angestiegen, mittlerweile eine feste Größe, tausende von Psychologen verlassen sich darauf, dass dieser Trend anhält, bauen ihre berufliche Existenz darauf auf. Was aber, wenn die Deutschen ihren Urlaub ausschließlich zur Erholung nutzen, neue Kraft tanken für den Job, abschalten, erstarken, am Ende gar weniger krank werden? Was wird dann aus den gut ausgebildeten Psychologen? Einige können sicher umschulen auf Veterinär-Psychologie - auch die Zahl hysterischer Hauskatzen, neurotischer Neufundländer und depressiver Delfine nimmt schließlich unvermindert zu. Aber der Rest? Die stehen auf der Straße, werden psychisch labil und müssen sich bei ihren wenigen verbliebenen Kollegen in Behandlung begeben.
Das Bundesgesundheitsministerium ist alarmiert: wie ein Sprecher verlauten ließ, plant man bereits eine umfassende Vorsorge- und Informationskampagne. So bietet eine führende gesetzliche Krankenkasse seit kurzem die Seminare „Effizienz mit Halbpension“ und „Produktiv - All Inclusive“ für Arbeitnehmer an, eine weitere Krankenkasse prüft die Möglichkeit einer Beitragsanpassung für Nurlauber, die für die schönste Zeit des Jahres keinen vom Arbeitgeber bestätigten Tätigkeitsnachweis vorlegen können.
Gepriesen seid o ihr Tüchtigen. Der Zeitungsartikel hat mir die Augen geöffnet, gleichzeitig nagt das schlechte Gewissen an mir, gehöre doch auch ich zu denjenigen, die am letzten Arbeitstag vor dem Urlaub einfach eine Abwesenheitsmeldung in Outlook eingestellt, den Rechner heruntergefahren und das dienstliche Mobiltelefon ausgeschaltet haben, bis in zwei Wochen, und tschüs. Zwar werden in dieser Zeit voraussichtlich allein aufgrund meiner Abwesenheit weder Flugzeuge abstürzen noch Atomreaktoren explodieren, auch wird deswegen vermutlich nicht ein einziges Paket später bei seinem Empfänger ankommen.
Doch ich gelobe Besserung. Ab dem nächsten Urlaub. Dabei erscheinen mir drei Stunden täglich angesichts der ernsten Lage zu niedrig gegriffen: zum Wohle des Unternehmens, der Wirtschaft, Deutschlands, der Menschheit sollte man sich für acht bis zehn Stunden nicht zu schade sein. Urlaub wird heutzutage ohnehin völlig überbewertet.
Der brillante Blogpost passt nicht nur wunderbar zur derzeitigen Urlaubszeit, sondern ist auch ein gekonnter Angriff auf die Lachmuskeln, obwohl die Ursache dieses Themas einen Aufreger wert ist.
Viel Freude beim Lesen, genießt es!
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Loblied auf die Tüchtigen
Das ist erschreckend. Umgekehrt bedeutet das doch, einundfünfzig Prozent werden zwei bis drei Wochen lang keinen Gedanken an die Arbeit aufbringen, stattdessen untätig am Strand oder Pool liegen, durch die Gegend wandern oder gar noch nutzloser die wertvolle Zeit vergeuden, und das in der heutigen wirtschaftlich angespannten Zeit: Europa taumelt, der Euro kämpft ums Überleben, und gut die Hälfte der Deutschen macht im Urlaub einfach nur Urlaub; wo soll das hinführen?
Die Folgen diese Erholungs-Egoismus‘ sind gar nicht absehbar, schauen wir nur auf das Gesundheitswesen: Wie die Krankenkassen vermelden, ist in den letzten Jahren die Anzahl der Fälle psychischer Erkrankungen wie Burn Out dramatisch angestiegen, mittlerweile eine feste Größe, tausende von Psychologen verlassen sich darauf, dass dieser Trend anhält, bauen ihre berufliche Existenz darauf auf. Was aber, wenn die Deutschen ihren Urlaub ausschließlich zur Erholung nutzen, neue Kraft tanken für den Job, abschalten, erstarken, am Ende gar weniger krank werden? Was wird dann aus den gut ausgebildeten Psychologen? Einige können sicher umschulen auf Veterinär-Psychologie - auch die Zahl hysterischer Hauskatzen, neurotischer Neufundländer und depressiver Delfine nimmt schließlich unvermindert zu. Aber der Rest? Die stehen auf der Straße, werden psychisch labil und müssen sich bei ihren wenigen verbliebenen Kollegen in Behandlung begeben.
Das Bundesgesundheitsministerium ist alarmiert: wie ein Sprecher verlauten ließ, plant man bereits eine umfassende Vorsorge- und Informationskampagne. So bietet eine führende gesetzliche Krankenkasse seit kurzem die Seminare „Effizienz mit Halbpension“ und „Produktiv - All Inclusive“ für Arbeitnehmer an, eine weitere Krankenkasse prüft die Möglichkeit einer Beitragsanpassung für Nurlauber, die für die schönste Zeit des Jahres keinen vom Arbeitgeber bestätigten Tätigkeitsnachweis vorlegen können.
Gepriesen seid o ihr Tüchtigen. Der Zeitungsartikel hat mir die Augen geöffnet, gleichzeitig nagt das schlechte Gewissen an mir, gehöre doch auch ich zu denjenigen, die am letzten Arbeitstag vor dem Urlaub einfach eine Abwesenheitsmeldung in Outlook eingestellt, den Rechner heruntergefahren und das dienstliche Mobiltelefon ausgeschaltet haben, bis in zwei Wochen, und tschüs. Zwar werden in dieser Zeit voraussichtlich allein aufgrund meiner Abwesenheit weder Flugzeuge abstürzen noch Atomreaktoren explodieren, auch wird deswegen vermutlich nicht ein einziges Paket später bei seinem Empfänger ankommen.
Doch ich gelobe Besserung. Ab dem nächsten Urlaub. Dabei erscheinen mir drei Stunden täglich angesichts der ernsten Lage zu niedrig gegriffen: zum Wohle des Unternehmens, der Wirtschaft, Deutschlands, der Menschheit sollte man sich für acht bis zehn Stunden nicht zu schade sein. Urlaub wird heutzutage ohnehin völlig überbewertet.
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